Der eigene Blick
Robert Mertens – Der eigene Blick ISBN: 978-3836238328 Rheinwerk Verlag 1. Auflage 2016 |
Rezension zu „Der Eigene Blick“ von Robert Mertens
In dem schön gebundenen Hardcover-Buch „Der eigene Blick“ setzt sich Robert Mertens mit dem Thema Bildsprache und der eigenen Handschrift in der Fotografie auseinander.
Schon beim Auspacken des Buches fielen mir die die hohe Qualität der Bindung und ein eingearbeitetes Lesebändchen auf. Dieser Leitfaden ist etwas abstrakt bebildert und ich war mir beim ersten Durchblättern nicht sicher, ob dieses Buch wirklich meine Art der Fotografie trifft.
Doch mit jeder weiteren Seite, die ich gelesen hatte, wurde das Buch in sich schlüssiger und entwickelte sich zu einem rundum gelungenen Werk zur eigenen Bildsprache und Kunst in der Fotografie.
Interessant ist, dass Robert Mertens keine technischen Anleitungen und Werte vorgibt, mit denen man zu fotografieren hat, sondern den Leser auf leicht verständliche Art und Weise ermutigt, sich mit der eigenen Fotografie und den Gewohnheiten auseinanderzusetzen und aus diesen auszubrechen. Das Buch ist kein Ratgeber, den man mal eben durchblättert, sondern eher als eine Art Langzeitprojekt angelegt.
Dies liegt mitunter an den Workshops, die sich am Ende eines jeden Kapitels befinden. Mit diesen „Hausaufgaben“ ist der Leser gewissermaßen gezwungen, sich wirklich mit der Problematik und den Ideen des Buches auseinanderzusetzen.
Aufbau
Das Buch ist aufgeteilt in mehrere Kapitel, in denen sich der Autor auf 340 Seiten verschiedenen Kunstrichtungen, Bildstilen und deren Wirkungsweisen widmet. So kommen neben der klassischen Schwarz-Weiß Fotografie auch Collagen, Fotoserien und Minimalismus zur Sprache. Den Abschluss eines jeden Kapitels bildet ein Workshop, der die vorausgegangenen Methoden aufgreift und zur Anwendung bringt.
Ein Beispiel ist das Thema fotografische Komfortzone.
„Wer den eigenen Blick zeigen möchte, muss neue Wege gehen“.
Robert Mertens, Der eigene Blick, S. 21
In diesem Abschnitt zeigt Robert Mertens auf, wie schwer es sein kann, aus seinen Gewohnheiten auszubrechen und neue Arbeitsweisen zu entwickeln. Doch nicht nur die Fotografie an sich ist Gegenstand des Kapitels, sondern auch das Loslösen von der Abhängigkeit, der Erwartung und im erweiterten Sinne auch der Likes anderer. Er ermutigt den Leser, einen eigenen Weg zu gehen und sich der Kritik zu stellen, die einem beim Ausprobieren vielleicht entgegenschlagen mag.
Zum Ende dieses Abschnitts hin bietet der Autor Hilfestellungen für einen neuen Weg in Form von Fragen und kurzen Ideen an.
„Erlauben Sie sich, Fehler zu machen und unperfekt zu sein“
Robert Mertens, Der eigene Blick, S. 26
Auch hier wird das Thema mit einem Workshop beendet, mit dem Titel „Fotografieren Sie das Gegenteil“ (S.27). Mertens fordert den Leser auf, sich Motive außerhalb seiner Komfortzone zu suchen und dieses Projekt mindestens einen Monat lang zu verfolgen. Er empfiehlt, die aufkommenden Eindrücke und Gedanken zu notieren um leichter reflektieren zu können, was sich während des Workshops wie entwickelt hat und welche Erfahrungen mit in die eigene Komfortzone genommen werden können.
Fazit:
Dieses Werk behandelt in meinen Augen kein Thema für Anfänger, sondern widmet sich eher den Fotografen, die in ihrer Entwicklung wirklich weiter kommen wollen. Die Behandlung der Bildstile erinnerte mich an den Kunstunterricht während meiner Schulzeit. Heute kann ich mit diesem Inhalt mehr anfangen, zumal ich eine direkte Anwendungsmöglichkeit sehe und Hintergründe lerne zu verstehen.
Auch wenn das zweite Thema, die Selbstreflexion, gelegentlich frustrierend ist und an der eigenen Fotografie Zweifel aufkommen lässt, kann ich das Buch doch jedem fortgeschrittenen Fotografen uneingeschränkt weiterempfehlen. Robert Mertens hat ein Werk geschaffen, das kaum tiefgründiger sein könnte und die Fotografie eines jeden interessierten und offenen Lesers in neue Bahnen lenken kann.